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Salomon und die Königin von Saba (1959) – Eine Schlüsselsequenzanalyse

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von Aileen Dietzel und Anika Höber

Basierend auf dem Seminar Weibliche biblische Figuren in modernen (Massen)medien soll im Folgenden eine Analyse einer Schlüsselsequenz aus dem Film Salomon und die Königin von Saba (1959) vorgenommen werden. Dies wird anhand der Methoden der Filmanalyse (Hickethier 2007) geschehen. Besonders die visuelle Ebene der Sequenz wird dabei im Vordergrund stehen. Bevor wir jedoch zur Analyse kommen können, wird es zunächst nötig sein, die Sequenz in den Zusammenhang des gesamten Films einzubetten. Zu diesem Zweck folgt zunächst eine Inhaltsangabe des Films.

Als König David im Sterben liegt, ruft er die Stämme und seine Söhne zu sich, um über einen Nachfolger zu bestimmen. Zur großen Überraschung aller, entscheidet sich David nicht für seinen Erstgeborenen Kriegersohn, sondern für seinen zweiten, Salomon, der innerhalb der Familie eher die Rolle des Poeten, als die des Herrschers angenommen hat. Dieser erweist sich jedoch nach dem Tod seines Vaters als gerechter, weiser und Frieden bringender König. Sein wütender Bruder, der sich des Throns beraubt fühlt, wird zum obersten Befehlshaber über die Armee. Nicht lange jedoch, und die ägyptischen Nachbarstaaten beginnen Israels Macht und Reichtum mit Sorge zu beäugen. Unter der Führung des Pharaos suchen sie nach einer Lösung, König Salomon zu schwächen. Zu diesem Zweck verbünden sie sich mit der Königin von Saba und schicken diese (unter dem Vorwand eines diplomatischen Besuchs) nach Israel, um die Schwächen des König auszuspionieren. Die Königin von Saba bemüht sich, Salomon zu umgarnen und möglichst viel über ihn heraus zu finden. Schlussendlich gelingt es ihr, ihn zu verführen, obwohl Salomon sie weiterhin verdächtigt. Trotz ihres Auftrags kann sich jedoch auch die Königin von Saba nicht dem Charme des Königs erwehren und es wächst mit der Zeit eine ehrliche Liebesbeziehung zwischen den beiden.

Unentschieden zwischen der Liebe zu Salomon und ihrem Auftrag vom Pharao, bittet die Königin Salomon darum, ein Fest für einen ihren Götter veranstalten zu dürfen. Aufgrund seiner Treue gegenüber JHWH dürfte Salomon ein solches Fest in seinem Königreich nicht zulassen und wird auch eingängig von seinen Beratern davor gewarnt. Seine Liebe zur Königin ist jedoch stärker als seine Treue zu Gott und er erlaubt ihr das Fest. Wütend über den Verrat zerstört JHWH den Tempel und das Fremde Götzenbild. Auch Salomons Volk ist zutiefst von seinem Frevel erschüttert und wendet sich von ihm ab. Der Bund der Stämme zerfällt. An diesem Punkt sieht Salomons Bruder seine Chance und schließt sich dem Pharao an, um Salomon vom Thron zu stürzen. Mit wenigen übrig gebliebenen Getreuen zieht Salomon in den Krieg gegen die offensichtliche Übermacht. Zunächst hat es den Anschein, als würden sie den aussichtslosen Kampf verlieren – Salomons Truppen zersplittern und der Sieg des Pharaos scheint unabwendbar. In dieser Nacht jedoch wendet sich die Königin von Saba an JHWH und bittet ihn um den Sieg für Salomon. Im Gegenzug verspricht sie ihm, Israel zu verlassen und in ihrem eigenen Königreich den Glauben an JHWH zu verbreiten. Gott erhört sie und schickt Salomon im Traum den rettenden Einfall, mit dem sie ihr Kriegsglück zurück erlangen können. Augenblicklich kehren auch die verstreuten Teile seiner Truppen zu ihm zurück. Mit einer List gelingt es ihm, den Pharao zu besiegen. Währenddessen hat sich sein Bruder, der ihn für tot hält, in Israel auf den Thron setzen lassen und befohlen, die Königin von Saba steinigen zu lassen. Kaum, dass sie tot ist, taucht Salomon auf und tötet seinen Bruder im Kampf. Er trägt die Königin von Saba in den Tempel, wo sie zu neuem Leben erwacht. Salomon besteigt erneut den Thron von Israel und die Königin von Saba kehrt in ihr eigenes Land zurück.

Die Sequenz, die im Folgenden analysiert werden soll, ist die Szene, in der die Liebesbeziehung zwischen Salomon und der Königin von Saba ihrem Anfang findet. Zuvor hat die Königin Salomon in ihr Zelt eingeladen und wartet den ganzen Abend auf ihn, ohne, dass er erscheint. Schließlich zieht sie sich wütend zurück. Weit nach Mitternacht taucht Salomon unerwartet doch noch an ihrem Zelt auf. Die Kammerfrau der Königin will ihn abweisen, doch die Königin entscheidet sich dafür, ihn doch noch zu empfangen. Salomon befragt sie zu ihren Motiven und die Königin antwortet ihm wahrheitsgemäß, dass sie eine Spionin den Pharaos ist und seine Schwächen heraus finden soll. Doch Salomon glaubt ihr nicht. Also erzählt ihm die Königin, dass sie ihn in Wirklichkeit verführen wollte. Daraufhin gibt er sich ihr hin.

Die Sequenz beginnt mit einer Überblendung von Salomons Harem auf die Statue des Liebesgottes, den die Königin von Saba verehrt, und die in ihrem Zelt steht. Vor der Statue brennt ein Opferfeuer, die Statue wird deutlich ausgeleuchtet. Es ertönt ein Gong. Es erfolgt schnell ein harter Schnitt auf den Eingang zu den Privatgemächern der Königin, diese sind noch erleuchtet, es herrscht jedoch eine eher schummrige Atmosphäre, da der restliche Teil des Zeltes bereits im Dunkeln liegt. Der Gong ist weiterhin zu hören. Die Kammerdienerin der Königin tritt aus dem beleuchteten Bereich heraus und geht zum Eingang des Zeltes, die Kamera folgt ihrem Weg. Dabei passiert sie die zu Beginn gezeigte Statue des Liebesgottes. Sie entdeckt Salomon vor der Tür und begrüßt ihn, setzt jedoch dazu an, ihm mitzuteilen, dass die Königin bereits zu Bett gegangen ist. Es erfolgt ein Schnitt zurück auf die Tür zum Zimmer der Königin, man sieht diese in den Eingang treten. Sie trägt ein hellblaues, halb durchsichtiges Gewand. Sie bleibt in der Tür stehen, die Kamera zoomt von der Totalen in die Halbtotale. Währenddessen hört man weiterhin die Kammerdienerin und den König sprechen. Dann meldet sich die Königin zu Wort und macht deutlich, dass sie bereit ist, den König zu empfangen. Es erfolgt ein Schnitt auf den Eingang des Zeltes, zurück zur Dienerin und dem König. Die Dienerin dreht sich halb um, um die Königin anzusehen und öffnet dann dem König die Tür. Dieser tritt ein. Er trägt ebenfalls ein helles Gewand und das deutliche Zeichen des Davidssterns auf der Brust. Er geht an der Dienerin vorbei aus, rechts aus dem Bild hinaus, die Kamera ruht noch einige Sekunden weiter auf der zufrieden aussehenden Dienerin. Dann erfolgt ein Schnitt auf den König (Halbtotale), die Kamera folgt ihm, während er durch das Halbdunkel des Vorraums läuft. Zeitweise liegt sein Gesicht komplett im Dunkeln. Er spricht die Königin an und kommt währenddessen aus dem Halbdunkel des Vorraumes in das Licht, das aus dem Schlafgemach der Königin dringt. Er bleibt vor der Königin stehen. Sie wendet sich daraufhin mit einer Drehung in Richtung der Kamera von ihm ab und geht in ihr Zimmer. Es erfolgt ein Schnitt, man sieht nun die Tür zum Zimmer von innerhalb des Zimmers. Der König ist nun halb verdeckt durch die Tür. Man sieht wie die Königin weiter in den Raum hinein geht und sich auf das Bett setzt. Auch Salomon betritt den Raum, die Kamera folgt ihm. Er bleibt vor ihr stehen. Man sieht ihn nun wieder in der Totalen, er blickt auf die sitzende Königen herab. Er stellt ihr die Frage, warum sie nach Jerusalem gekommen sei. Daraufhin erhebt sie sich, gleichzeitig gibt es einen Schnitt, die beiden sind nun von der Seite in der Halbtotalen zu sehen, sie stehen einander dicht gegenüber. Sie fragt ihn, warum er nun eine solche Frage stelle. Er wirft ihr vor, dass sie (als kluge Frau) niemals die weite Reise auf sich genommen hätte, ohne einen Grund dafür zu haben. Daraufhin wendet sie sich von ihm ab und der Kamera den Rücken zu. Sie geht zu einer an der Wand stehenden Statue und die Kamera folgt ihr durch einen langsamen Zoom. Salomon ist nun dicht und verschwommen in der linken Bildhälfte zu sehen. Als sie an der Wand angekommen ist, dreht sie sich wieder um zur Kamera, er folgt ein Schnitt in die Nahe auf ihr Gesicht. Sie gesteht ihm, dass sie ein Spion des Pharaos sei. Dann erfolgt ein Schnitt in die Halbtotale auf sein Gesicht. Man hört sie weiterhin sprechen. Dann setzt Salomon zu einer Bewegung an, daraufhin erfolgt ein Schnitt, man sieht ihn nun in der Halbtotalen von hinten und die Königin im Hintergrund in der Totalen. Die Kamera folgt ihm, wie er durch den Raum geht und sich auf das Bett setzt. Nun befindet er sich zur Rechten der Königin, die mit verschränkten Armen an der Wand steht. Er erzählt ihr, dass er es ihn Erwägung gezogen habe, dass sie eine Spionin sein könnte, dies aber nicht glaube. Daraufhin löst sich die Königin aus ihrer abwehrenden Haltung und geht auf Salomon zu, die Kamera zoomt die beiden in die Halbtotale. Die Königin kniet vor ihm nieder und gesteht ihm ihre Liebe, dann erfolgt ein Schnitt: Man sieht die beiden nun in der Nahe und im Profil. Salomon glaubt an ihre Liebe zu ihm, in diesem Moment erklingt zum ersten Mal Musik: Man hört romantische Geigen spielen. Er zieht sie in seine Arme und bettet sie unter sich aufs Bett. Die Kamera folgt dieser Bewegung. Sie küssen sich. Dann folgt einer Überblendung zur nächsten Szene.

Betrachtet man die Menge der Schnitte während der Sequenz genauer, so fällt auf, dass es innerhalb der ca. 2,5 Minuten, die sie Szene andauert, gegen Ende hin immer weniger Schnitte gibt. In der ersten Minuten erfolgen sechs Schnitte. In der zweiten Minute sind es nur noch vier. Und die letzte halbe Minute erfolgt komplett ohne Schnitt. Dabei handelt es sich um die Einstellung, in der die Königin Salomon ihre Liebe gesteht und dieser sich ihr hingibt. Ein Mangel an Schnitten verlangsamt grundsätzlich das Tempo einer Szene, konzentriert aber auch die Beobachtung auf das gezeigte Bild, also auf den Dialog zwischen der Königin und Salomon. Dadurch, dass also das komplette Liebesgeständnis zwischen den beiden ohne Schnitt erfolgt und nur mit einer sehr langsamen und unauffälligen Kamerafahrten begleitet wird, sorgt für eine deutliche Konzentration auf diesen Teil der Szene. Eine weitere Gewichtung auf das Liebesgeständnis erfolgt ebenfalls durch die kurze, die Szene anführende Aufnahme des Liebesgottes der Königin, der erneut unauffällig ins Bild rückt, als die Kammerdienerin dem König die Tür öffnet. Dadurch dass der Gong, der das Auftreten des Königs ankündigt, in dem Moment erklingt als die Statue zu sehen ist, wird der Eindruck verstärkt, dass zwischen dem Gong und dem Gott ein Zusammenhang besteht. Dies könnte also so gedeutet werden, dass der Gott die Opfer und Bitten der Königin gehört und daraufhin Salomon zu ihr gesandt hat.

Die farbliche Gestaltung der Szene deutet ebenfalls auf die Vereinigung der beiden hin. Salomons Kleidung ist mit braun-goldenen Akzenten versehen, die sich in der Raumdekoration der Königin farblich wiederfinden. Die Königin wiederum ist in hellblau gewandt und auch in ihrem Schlafzimmer hängen blaue Vorhänge. Blau und braun sind demnach die einzigen Farben, die vorkommen. Deren Nebeneinander im Schlafzimmer der Königin findet sich immer wieder im nebeneinander Stehen von Salomon und ihr wieder. Gleichzeitig tragen beide Akteure helle Kleidung, was eine visuelle Harmonie zwischen ihnen herstellt.

Es lässt sich also feststellen, dass mit visuellen aber auch auditiven (das Erklingen der Geigen angesichts der Vereinigung) Mitteln eine Konzentration innerhalb des Szene auf die Liebe oder Vereinigung zwischen Salomon und der Königin gelegt wird. Die filmischen Mittel werden hier genutzt, um trotz der Lüge, die zu ihrer Beziehung führt, eine Authentizität der Gefühle beider zu betonen. Es wird nicht der Eindruck vermittelt, dass es der Königin ausschließlich darum ginge, Salomon auszuspionieren. Für einen solchen Zweck wären sicherlich andere visuelle und auditive Möglichkeiten gewählt worden, z.B. eine dramatischere Farbgebung, bedrohliche Musik und zahlreiche harte Schnitte. Stattdessen wird dem Betrachter des Films suggeriert, dass eine tatsächliche Liebe zwischen den beiden zugrunde liegt. Vor dem Hintergrund von schriftlichen Überlieferungen der Geschichte Salomons und der Königin von Saba stellt eine solche Darstellung eine Romantisierung der Ereignisse dar: Weder in der Bibel, noch im Koran, noch im Kebra Nagast wird eine romantische Beziehung zwischen beiden dargestellt. Es ist eher das Gegenteil der Fall: Im Kebra Nagast kommt es zwar zu sexuellen Handlungen zwischen Salomon und der Königin, diese geschehen jedoch aus einer List Salomons heraus und aus politischen Gründen. Von Romantik ist hier keine Spur (Kebra Nagast, 24b-25b). Es lässt sich also feststellen, dass die romantische Deutung der Beziehung zwischen den beiden Akteuren ein besonders Anliegen des Regisseurs gewesen sein muss. Dies lässt sich ebenfalls für die Deutung, wer die Liebesbeziehung zwischen Salomon und der Königin verursacht hat, sagen. Denn laut der oben genannten Überlieferungen käme ausschließlich Salomon für die Rolle des Beziehungsstifters in Frage. Im Film wird jedoch deutlich Wert darauf gelegt, die Königin von Saba als Verführerin darzustellen: Sie kommt ihn sein Land, sie lädt ihn zu sich ein, um ihm zu verführen, sie gesteht ihm seine Liebe. Insgesamt lässt sich also sagen, dass der Königin von Saba in dieser Adaption eine deutlich gewichtigere und aktivere Rolle zukommt als in den traditionellen Überlieferungen.

Quellen

  • Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse. Stuttgart, Weimar: Metzler 2007 (4. Aufl.)

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